Brauchtumspflege
»Die Kunst ist der nächste Nachbar der Wildnis«
Karl Ganser
Historisch betrachtet ist Kultur und Kunst immer aus der Lebenswelt in Bezug zur Natur entstanden. In frühen Kulturen wurden die Elemente und Bestandteile der Natur, wie Tiere, Pflanzen, Wasser, Berge etc. als beseelt betrachtet und der Menschenseele gleichgesetzt. Der Mensch war in seiner Lebensvorstellung so ein fest integrierter Bestandteil der allgegenwärtigen Natur. Diese Betrachtungsweise ist uns in der immer technischer und abstrakter werdenden Welt abhanden gekommen, sogar fremd geworden. Es gibt eine kulturelle Entwicklung der Entfremdung vom Natürlichen hin zum technisch – abstrakten Handeln in allen Lebensbereichen. Vom Animismus hin zum Anthropozän. Aus der Natur abgeleitete Erfahrungsprozesse sind uns fremd geworden. An ihre Stelle ist die Kultur der Berechenbarkeit, der Ökonomie getreten. In den verschiedensten Projekten haben wir versucht, den Anschluss an alte Traditionen wiederherzustellen und diese mit den abstrakten Gestaltungsformen der Gegenwart zu verbinden.
Ein Vorgehen, um die Gegensätze zu überbrücken, in dem wir die Geschichte studieren, um die Gegenwart zu begreifen. Beides ist notwendig, um die Zukunft sinnvoll mitzugestalten. So haben wir z.B. das zeitgemäße Medienkunststudium an der bildo Akademie für Kunst und Medien um ein integriertes Kung-Fu- und Taijitraining im Sinne eines Naturstudiums erweitert. Die Integration alter asiatischer Traditionen in ein aktuelles Kunst- und Designstudium stellt die Fähigkeit zur Imagination und die Entwicklung eines ausdifferenzierten Körperbewusstseins als Voraussetzung kreativer Prozesse in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Sie sind die Ergänzung und der Ausgleich zum Gestalten mit abstrakten technischen Medien. Die asiatischen Bewegungskünste wie auch z.B. die Tradition des naturtonigen Jodelgesangs sind besonders dafür geeignet, die eigenen inneren Gestaltungsprozesse zu studieren, die die äußeren Gestaltungen erst ermöglichen und hervorbringen. (Born & Heine, 2019)
Text »Bewegungserfahrung und ihre Transformation ins Bildnerische – eine zeitgemäße Form des Naturstudiums« als PDF
»Die Kunst ist der nächste Nachbar der Wildnis«
Karl Ganser